Kindesunterhalt zum Nulltarif, als durchlaufender Posten, ist vorteilhaft für den Unterhaltspflichtigen. Es kostet ihn nichts. Günstig ist es für das unterhaltsberechtigte Kind, weil es den vollen Tabellenunterhalt bekommen kann und nicht nur den niedrigen Vorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Auch für Ehegattenunterhalt ist das Modell geeignet und in Verwaltung und Rechtsprechung anerkannt.
Unser Lösungsansatz hat die volle Unterstützung der Ministerien, weil es den Landeshaushalten viel Geld spart. Widerstand seitens der Gewerkschaften ist bislang nicht bekannt geworden. Den Gemeinden als örtlichen Trägern der Sozialhilfe ist das Modell verständlicherweise nicht angenehm, da diese z.B. die Kosten aufbringen müssen, die sonst das Land ggf. als Unterhaltsvorschuss (bei Kindern bis 12 Jahren) zahlen müsste.
Da sich das Arbeitsmodell allmählich durchgesetzt hat und es für ausgleichende, soziale Gerechtigkeit sorgt, haben auch wir uns entschlossen, dieses zu veröffentlichen.
Lassen Sie es aber vor dem konkreten Einsatz prüfen!
Richtig angewendet ist es auch kein Missbrauch. Es ist das Pendant beispielsweise zu der Aufstockung per Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld, wenn bei einer intakten Familie das Arbeitseinkommen nicht ausreicht, um Ehemann, Frau und die Kinder zu versorgen.
Gleichwohl besteht die Gefahr, dass der Gesetzgeber die Regeln ändert. Zur Optimierung des Einzelfalls bedarf es auch einer gewissen Erfahrung.
Problem und Lösung
Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Problem und Lösung
Kindesunterhalt ist gesetzlich vorrangig, ist aber oft einfach zu teuer.
Beispiel: Ein Mann hat aus gescheiterter Beziehung 2 Kinder, Alter 1x 13 und 1x 14 Jahre. Dann hat er mit seiner neuen Partnerin in Haushaltsgemeinschaft noch 1 Kind, 1 Jahr alt.
Der Geldbedarf wäre nach Düsseldorfer Tabelle: 2x 348 EUR für die beiden älteren Kinder, 1x 236 EUR für das jüngste Kind, 960 EUR für seine Partnerin und 1080 EUR für sich selbst. Das sind insgesamt 2.972 EUR netto (zuzäglich berufsbedingter Aufwand).
Aber (Steuerklasse 1, Kinderfreibetrag 1,0 und kirchensteuerpflichtig) bleiben bei einem Bruttoeinkommen von rund 3.900 EUR letzlich netto nur 2.295,54 EUR übrig.
Was tun, wenn man zu wenig netto ausgezahlt bekommt ??
Vielleicht hat unser beispielhafter Vater aber auch nur 1.500 EUR im Monat und vielleicht war er so schlecht oder nicht beraten, dass er Jugendamtsurkunden auf den Mindestuntehalt unterschrieben hat. Dann droht ihm gar ein Verfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung, § 170 StGB, wenn er den Kindesunterhalt nicht vollständig zahlt.
Oder es läuft ihm seine neue Partnerin davon, weil ihm von seinem Lohn nach Abzug des Unterhalts für die beiden Kinder aus früherer Beziehung nichts mehr bleibt und sie dann arbeiten gehen müsste, obwohl ihr eigenes Kind noch keine drei Jahre alt ist. Da muss mehr Geld in`s Haus !!
Die Lösung steht im Gesetz.
Über Geld spricht man nicht, Geld hat man. Man hat Geld zu haben, da das grundsätzlich möglich ist.
Geldmangel schließt die Leistungspflicht nicht aus, § 275 Abs. 1 BGB. Das Geld für die Unterhaltszahlungen
besorgt man sich vom zuständigen Sozialamt / der ARGE oder wie die Behörde vor Ort, die die Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld auszuzahlen hat, in dem konkreten Bundesland genannt wird.
Das steht in § 11b Sozialgesetzbuch Teil II , Absatz 1 , Ziffer 7 dieser segensreichen Vorschrift:
Vom Einkommen abzusetzen sind jedenfalls Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag.
Wenn das Resteinkommen abzüglich Unterhalt nicht ausreicht, dann gibt es Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld vom Amt.
Also zahlt unser Beispielsvater von seinen 1.500 EUR zunächst 2 x 348 EUR (gesamt 696 EUR) für die beiden älteren Kinder. Damit hat er dann noch 804 EUR (1.500 abzgl. 696) für sich, seine Partnerin und das jüngste Kind. Das reicht aber (ab jetzt bitte nach Sozialhilfesätzen rechnen) für die neue Bedarfsgemeinschaft - also den Beispielsvater und die Freundin und das kleine Kind - nicht.
Also zahlt das Sozialamt / Hartz IV / Bürgergeld den über 804 EUR hinaus gehenden Bedarf komplett. Und jeder freut sich!
- Die beiden Kinder aus früherer Beziehung bekommen den vollen Kindesunterhalt.
- Das Jugendamt muss (bei Kindern bis 12 Jahren, danach nicht mehr) keinen Unterhaltsvorschuss aus Landesmitteln zahlen.
- Der Beispielsvater hat keinen Stress auf der Arbeit; ob er nun ein paar Euro mehr oder weniger verdient, ist im Ergebnis gleichgültig.
- Der Staatsanwalt muss nicht wegen Unterhaltspflichtverletzung ermitteln und die neue Beziehung hat
jedenfalls die vollen Sozialhilfesätze ohne störende Abzüge wegen des Kindesunterhalts aus früherer Beziehung.
Mit einem Lächeln zahlt unser Beispielsvater den Kindesunterhalt für die beiden Kinder aus der früheren Beziehung. Gerne erfüllt er seine Verpflichtung, zumal es ihn nichts kostet. Der Kindesunterhalt ist nur ein durchlaufender Posten und belastet nicht weiter.
Das ist gesetzlich so vorgesehen, also kein Missbrauch! Die ARGE (Jobcenter II, Integrationsamt oder welche Bezeichnung das frühere Sozialamt im regional unterschiedlichen Neusprech hat) würde bei reiner intakten Familie und einem zu geringen Einkommen ja schließlich auch aufstocken.
Bei dem Ehegattenunterhalt funktioniert das System entsprechend.
Der Pflichtige bezahlt den Ehegattenunterhaltstitel. Diesen Betrag zieht er von seinem Arbeitseinkommen ab, § 11b SGB II. Bleibt ihm dann weniger als der
Sozialhilfesatz, stockt das Amt / ARGE auf Antrag entsprechend auf.
Die Probleme treten in diesen Fällen regelmäßig dann auf, wenn die Jobcenter einen Missbrauch vermuten oder die Sachen nicht ausreichend vorbereitet und gestaltet sind. Beratung ist daher empfehlenswert.
Anmerkung
Den Kindesunterhalt zum Nulltarif wird es vermutlich immer häufiger geben. Es ist wirklich keine Realsatire. Die Nutzung der Gesetze ist grundsätzlich kein Missbrauch.
Das Ergebnis ist zwar schon etwas merkwürdig. In unserem Beispielsfall wird das noch deutlicher, wenn die beiden Kinder aus früherer Beziehung ihrerseits Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld bezogen haben.
Da zahlt das Sozialamt dem Beispielsvater Sozialhilfe / Hartz IV. / Bürgergeld, damit dieser Kindesunterhalt an die beiden Kinder zahlen kann, wobei dieser Kindesunterhalt dann als Einkommen den beiden Kindern bzw. deren Mutter von deren Sozialhilfe wiederum abgezogen wird.
Einfache Geister, denen die Weitsicht des Gesetzgebers fehlt, reden da von Verschiebebahnhof. Diese abfälligen Äußerungen verkennen den tieferen Sinn des Gesetzes, des § 11b SGB II.
Zunächst: Wären die beiden Kinder im Beispielsfall jünger als 12 Jahre, dann müsste bei fehlender Unterhaltszahlung das Land per Unterhaltsvorschuss in Vorlage treten (längstens 72 Monate, § 3 UVG). Das UVG belastet aber die Landeshaushalte und die meisten Länder haben hohe Schulden.
Deswegen drängen die Länder allmählich offiziell darauf, dass der Kindesunterhalt notfalls von den Kommunen übernommen wird, die für die Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld zuständig sind. Das entlastet die Landeshaushalte, macht also Sinn.
Wenn es mit dem Konzept, Kindesunterhalt nur noch als durchlaufenden Posten zu zahlen, nicht zu sehr übertrieben wird, dann müsste uns diese Möglichkeit eigentlich erhalten bleiben.
Arbeitsmarktpolitisch ist es eine sehr sinnvolle Konstruktion. Der Unterhaltspflichtige muss zur vollständigen Entlastung vom Unterhalt immerhin zumindest so viel an Einkommen erzielen, wie er nach den
Unterhaltstiteln als Unterhalt zahlen müsste und er muss auch tatsächlich den Unterhalt zahlen. Nur dann nämlich tritt die volle Wirkung gem. § 11b SGB II ein, also die Möglichkeit des Abzugs vom Einkommen vor der Berechnung des Lebensbedarfs nach Sozialhilferecht.
Die Sozialisierung insbesondere des Kindesunterhalts gem § 11 SGB II ist die Konsequenz der gestiegenen Unterhaltsansprüche.
Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder richtet sich nach dem doppelten Kinderfreibetrag, also nach § 32 Abs. 6 Satz 1 Einkommenssteuergesetz. Steigt dieser Freibetrag, erhöht sich wegen der gesetzlichen Koppelung automatisch der Kindesunterhalt, § 1612a Abs. 1 BGB. Dann wiederum muss die Düsseldorfer Tabelle angepasst / erhöht werden. Unangenehmerweise erhöhen sich die Einkünfte der Unterhaltsverpflichteten nicht auch automatisch dann, wenn sich die Kinderfreibeträge erhöhen. Und dann muss in solchen Mangelfällen eben per Sozialhilfe aufgestockt werden.
Bei intakten Familien direkt per Hartz IV, die "Aufstocker". Das kennt man. Und bei Unterhaltspflichtigen per § 11 SGB II.
Behördlicher Sparwettbewerb
Zwischen den beteiligten Behörden ist ein richtiger Wettbewerb entstanden, wie man am meisten sparen kann.
Einfaches Beispiel: Nach der Trennung hat die Frau die drei kleinen Kinder. Der Mann hat netto 1.500 EUR. Die Frau beantragt Hartz IV / Sozialhilfe / Bürgergeld für sich und die 3 Kinder - es ist offensichtlich, dass das Einkommen des Mannes nicht für den vollen Unterhalt reicht.
Das Jobcenter (Sozialamt / Hartz IV / Bürgergeld) zahlt zunächst, gibt ihr aber auf, Unterhaltsvorschuss zu beantragen. Sie holt sich zunächst dann auch den Unterhaltsvorschuss für die drei Kinder, der aus den Landesmitteln gezahlt wird: Das Jobcenter hat rund 600 EUR pro Monat gespart!
Das Land, z.B. vertreten durch die Kreisverwaltung, will aber auch sparen. Es macht daher dem Mann zur Auflage, seinen Anspruch gegen das Sozialamt gem. § 11b SGB II in Höhe des zu zahlenden Unterhaltsvorschusses an das Land abzutreten: Damit holt sich das Land dann die 600 EUR pro Monat vom Jobcenter zurück und hat so auch viel Geld gespart. (Das amtliche Abtretungsformular verschicken gegen Freiumschlag).
Spätestens jetzt macht das Jobcenter der Frau zur Auflage, den Unterhalt einzuklagen. Der Mann wird entsprechend zu irgend einem Unterhalt verurteilt. Den zahlt er, wodurch das Jobcenter / Sozialamt / Hartz IV wieder viel Geld einspart.
Allerdings holt sich der Mann, der zwischenzeitlich mit seiner Freundin und deren Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft wohnt, dann das Geld vom Jobcenter / Sozialamt / Hartz IV / Bürgergeld wieder zurück, § 11b SGB II. Er will verständlicherweise auch etwas Geld sparen.
Damit hat jeder Beteiligte 600 EUR gespart, Monat für Monat. Keiner ist geschädigt, weil letztlich ja der zahlt, der von Anfang an sowieso zahlt, also die Allgemeinheit.
Wichtig ist aber stets, dass der korrekte Umverteilungsweg strikt eingehalten wird - nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften. Jede der beteiligten Behörden muss sparsam mit den Mitteln umgehen und Vorschrift ist schliesslich Vorschrift.
Mit diesem Beispiel, tägliche Praxis bundesweit, ist sicherlich erkennbar, wie sinnvoll unser Gesetzgeber den Unterhalt geregelt hat.
Um unnötigen Rückfragen vorzubeugen, direkt die Antwort: Wer bei guter geistiger Gesundheit bleiben will, sollte sich keine grossen Gedanken über den Sinn dieser Regelungen machen. Falls Ihnen schwindlig werden sollte, gehen Sie einfach zu Ihrem zuständigen Arzt, Apotheker oder Anwalt.
SGB II § 11 Anwendungskreis
§ 11b SGB Teil II stellt Unterhaltszahler im Mindestbedarf gleich gegenüber Sozialhilfeempfängern.
Das Modell ist also stets zu prüfen insbesondere, wenn dem Unterhaltzahler für sich und seine Haushaltsgemeinschaft nach der Unterhaltszahlung weniger bleibt, als ihm als Sozialhilfeempfänger ("Hartz IV, ALG II") verbleiben würde.
Sozialhilfe / Hartz IV / Bürgergeld ist nachrangig. Bis auf einen "Notgroschen", circa 2.500 EUR, ein Auto für die Fahrt zur Arbeit und sonstiges Schonvermögen ist erst sonstiges Vermögen aufzubrauchen.
In der Praxis akzeptieren die Jobcenter dieses Modell auch meist nur, wenn der Unterhalt tatsächlich bezahlt wird. Außerdem ist der Abzug nur von Einkünften möglich. Einzelheiten sind im Gesetz nachzulesen bzw. prüfen zu lassen. Falls der Unterhaltszahler sein Einkommen verliert, muss eine Abänderung des Unterhaltstitels beantragt
werden!
Sicherheitshalber also im Regelfall:
- Der Unterhaltstitel liegt vor (in realistischer Höhe!).
- Durch die Unterhaltszahlung rutscht der Zahler unter die Bedarfssätze nach Sozialhilferecht.
- Dann stockt das Sozialamt (Jobcenter 2, Integrationsamt, Bezeichnung unterschiedlich) dem Unterhaltszahler sein Einkommen auf, aber idR. nur auf Antrag und ab Antragstellung.